Die verschlungenen Fäden des Schicksals: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 6. Juli 2023, 10:48 Uhr
< Der künstlerische Entstehungsprozess der Mysteriendramen ■ Die Pforte der Einweihung > |
„Der Mensch, dessen geistiges Auge geöffnet ist, erlebt, daß alle Materie durchsichtig wird, er sieht durch die Erde hindurch, er sieht in Wirklichkeit die Sonne um Mitternacht, er besiegt die Materie. In umgekehrter Farbe, in violett-rötlicher Farbe erscheint ihm um Mitternacht die Sonne. Was in dem großen Weltsinnbilde kosmisch erscheint, ist für den Christen, ins Menschliche übersetzt, die Erscheinung des Christus Jesus auf Erden. Wir werden alle die Sonne um Mitternacht sehen.“ (Lit.:GA 97, S. 79f) |
Die Pforte der Einweihung (7. Bild). Foto: Jochen Quast 2010
Erstmals in der dramatischen Dichtung überhaupt hat Rudolf Steiner in seinen Dramen die wahren Triebkräfte des Schicksalsgeschehens offen und ungeschminkt auf die Bühne gestellt. Wie sich der Charakter des Menschen gegenüber der Unausweichlichkeit des Schicksals bewährt, war zwar schon immer der Hauptnerv der tragischen Dichtung, doch blieben die eigentlichen Ursachen letztlich rätselhaft. Reinkarnation (die Wiedergeburt zu wiederholten Erdenleben) und Karma (Schicksal) sind zentrale Gedanken der Anthroposophie. Rudolf Steiner hat die Hintergründe der tragischen Schicksalsverwicklungen auf ihren wahren Ursprung, nämlich auf karmische Verwicklungen in früheren Erdenleben, zurückgeführt und dramatisch zur Darstellung gebracht. Darin liegt ein wesentlicher und notwendiger Impuls für den Fortschritt der dramatischen Kunst, wenn es auch noch länger dauern mag, bis er in weiteren Kreisen aufgegriffen wird.
Im 3. Bild der Pforte der Einweihung heißt es: Es formt sich hier in diesem Kreise Ein Knoten aus den Fäden, Die Karma spinnt im Weltenwerden. O Freundin, deine Leiden Sind Glieder eines Schicksalsknotens, In dem sich Göttertat verschlingt mit Menschenleben.
Drei weitere Dramen konnte Steiner noch an Die Pforte der Einweihung anschließen, ein fünftes war schon in groben Zügen umrissen, doch verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges die weitere Ausführung. Vermutlich wollte Rudolf Steiner insgesamt sieben Mysteriendramen schreiben, die auch immer wieder Rückblicke in frühere Inkarnationen der handelnden Personen gegeben hätten, wodurch schließlich ein umfassendes Panorama der geistigen Entwicklung der Menschheit der nachatlantischen Zeit entstanden wäre.
Link: Wiederholte Erdenleben als Schlüssel des Menschenrätsels (Hamburg, 9. Dezember 1905; PDF)
Die Pforte der Einweihung (7. Bild), Goetheanum 1995, Foto: Hansruedi Clerc
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